Samsung Galaxy Note 10+ im Test – S Pen gut, alles gut?

Anfang August stellte der südkoreanische Hersteller Samsung auf einem Unpacked-Event in New York die neuen Galaxy Note 10-Smartphones vor. Erstmals in der Geschichte der Galaxy Note-Reihe stellte Samsung nicht nur ein Android-Smartphone vor, sondern gleich deren drei: Das Galaxy Note 10, Galaxy Note 10+ und das Galaxy Note 10+ 5G.

In der Schweiz sind alle drei Smartphones seit 23. August 2019 im Handel erhältlich. Preislich geht es bei 979 Franken für das Galaxy Note 10 los. Das Galaxy Note 10+ wird ab 1129 Franken und das Galaxy Note 10+ 5G ab 1229 Franken angeboten. Alle Preise stellen die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers dar. In der Zwischenzeit gibt es die Smartphones hier und da schon unter den genannten Preisen.

Die letzten ca. zwei Wochen durfte ich das neue Powerphone Samsung Galaxy Note 10+ in der sehr schön anzusehenden Farbvariante Aura Glow auf Herz und Nieren testen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Samsung Schweiz für das temporär zur Verfügung gestellte Testgerät.

Samsung Galaxy Note 10+

Samsung Galaxy Note 10+ in Aura Glow – Ein Hingucker

Mir wurde erfreulicherweise ein Testgerät in der Farbvariante Aura Glow bereitgestellt – alles andere hätte mich ehrlich gesagt auch etwas enttäuscht. Diese Variante mit graduellem Farbverlauf sah schon auf den Pressebildern sehr vielversprechend aus und hat mich am meisten angesprochen.

Und glaubt mir, ich wurde nicht enttäuscht und ihr werdet es ebenfalls nicht. Auch in „Echt“ sieht das Galaxy Note 10+ in Aura Glow beeindruckend aus. Je nach Licht ändert sich die Farbe grundlegend. Samsung ist damit definitiv ein Hingucker gelungen. Einzig die sich schnell ansammelnden Fingerabdrücke müssten nicht sein, sind aber leider unvermeidbar.

Samsung setzt bei der Galaxy Note 10-Reihe auf ein eckiges Design und das gefällt. Die Vorderseite wird fast komplett vom 6,8 Zoll grossen QHD+ Display eingenommen. Das „Punch-Hole“ bzw. Loch im Display mit der integrierten Frontkamera hat Samsung nun mittig platziert. Oben und an den Seiten ist kaum noch ein schwarzer Rand zu sehen, nur unten ist dieser noch ein paar Millimeter präsent.

Samsung Galaxy Note 10+

An den Seiten ist das Display wie für Samsung typisch gebogen, so dass der Übergang zwischen Display und Metallrahmen fast nicht erkennbar ist. So oder so ist der Übergang zwischen Display zum Metallrahmen kaum mehr spürbar. Sehr beeindruckend wie genau hier die Komponenten aufeinander abgestimmt sind. Chapeau Samsung!

Ab Werk bringt Samsung eine passgenaue Displayschutzfolie an, die sich selbstverständlich ohne Probleme entfernen lässt. Grundsätzlich ist das Display dank Corning Gorilla Glass geschützt, dasselbe gilt für die Rückseite. Das komplette Gehäuse bietet dank IP68-Zertifizierung einen guten Schutz gegen Wasser und Staub.

Die Verarbeitung ist auf Top-Niveau. Das ganze Smartphone wirkt wie aus einem Guss gefertigt. Etwas anderes habe ich von Samsung aber auch nicht erwartet. Wir sprechen hier schliesslich von einem Smartphone das weit über 1000 Franken kostet. Da darf man durchaus Top-Qualität erwarten.

Samsung Galaxy Note 10+

Finally, keine Bixby-Taste mehr – aber auch kein 3,5 mm Klinkenanschluss

Samsung hat die Lautstärke-Wippe und den Power-Button zu meiner Überraschung an der linken Seite eingelassen. Beide weisen einen erfreulich guten Druckpunkt auf, jedoch musste ich mich doch so einige Zeit an die neue Position gewöhnen. Eine Bixby-Taste gibt es übrigens nicht mehr, jedenfalls nicht im klassischen Sinne. Was das heisst? Auf Wunsch lässt sich der Power-Button in die Bixby-Taste „umprogrammieren“.

Unten befindet sich der USB-C-Anschluss, ein Mikrofon und Lautsprecher sowie den Schacht wo sich der S Pen befindet. Es ist das Alleinstellungsmerkmal der Galaxy Note-Reihe und darf natürlich nicht fehlen. Apropos fehlen: Das Galaxy Note 10+ ist das erste Flaggschiff-Smartphone aus dem Hause Samsung, das ohne einen 3,5 mm Klinkenanschluss auskommen muss. Eine für manche „traurige“ Premiere.

Samsung Galaxy Note 10+

Wildes herumfuchteln: S Pen unterstützt jetzt „Air Gesten“

Neu gibt es die sogenannten “Air Gestures”, also eine Gestensteuerung mittels Handbewegung. In der Theorie sieht das ganz in Ordnung aus, in der Praxis erinnert das aber eher einem wilden herumfuchteln mit dem Stift. Jedenfalls lässt sich damit auf „Knopfdruck“ diverse Gesten in der Luft „zeichnen“. Das läuft mal besser, mal schlechter.

Sehr gut funktioniert hat dafür die handschriftliche Texterkennung, obwohl ich meine Schrift nicht gerade zu den schönsten Zählen würde – was mir von meinen Lehrerinnen und Leher auch immer wieder „bestätigt“ wurde. Jedenfalls erkennt das Galaxy Note 10+ erstaunlich viel von meinem gekritzle und wandelt das in lesbaren Text um. Die Notizen können auf Wunsch direkt in eine Microsoft Word-, PDF-, Bild- oder Textdatei konvertiert werden. Praktisch.

Eine Spielerei sind dann eher die sogenannten Live-Nachrichten. Damit lässt sich irgendetwas mit dem S Pen zeichnen und das Smartphone erstellt daraus ein hübsches, kurzes Video. Das kann dann ungefähr wie im folgenden Video aussehen:

Auch wenn der Stylus im Alltag ganz gut funktioniert und beispielsweise für Selfies als „Fernauslöser“ sogar sinnvoll genutzt werden kann, stellt er für mich keinen Kaufgrund dar. Es ist ein Gimmick, mehr aber auch nicht – für mich.

Samsung hat wieder das beste Display, aber…

Das 6,8 Zoll grosse AMOLED-Display mit QHD+ Auflösung ist wie gewohnt eine Augenweide. Es weist eine sehr hohe Helligkeit auf, bietet richtig tolle Farben inkl. perfekten Schwarzwert und einen sehr guten Kontrast. Die Blickwinkelstabilität ist über alle Zweifel erhaben und kann auf ganzer Linie überzeugen. All das wird einem aktuellen Flaggschiff mehr als gerecht. Aber in einem Punkt muss Samsung über die Bücher:

Das Galaxy Note 10+ bietet kein „schnelles“ Display mit 90 oder 120 Hz Bildwiederholungsrate. Diese Displays sind zwar noch nicht „Standard“, aber immer mehr Hersteller setzen darauf. Beispielsweise wird Google demnächst mit dem Pixel 4 (XL) ein Smartphone mit 90 Hz Display vorstellen. Ironie: Das Pixel 4 wird ziemlich sicher ein Display von Samsung erhalten.

In diesem Punkt hat Samsung definitiv Luft nach oben und es würde mich ziemlich überraschen, wenn das Galaxy S11 (oder wird es Galaxy One genannt?) nicht mindestens ein 90 Hz Display erhalten würde. Ansonsten gibt es wieder ein gut anpassbares Always-on-Display, mit dem Samsung die fehlende LED-Benachrichtigung gut „kaschieren“ kann.

Samsung Galaxy Note 10+

Kamera ist sehr gut, aber …

Die Kamera auf der Rückseite setzt sich aus der Hauptkamera mit 12 Megapixeln (AF, mit variabler Blende F1.5/F2.4, OIS), einem Ultra-Weitwinkelsensor mit 16 Megapixeln (F2.2)  sowie einem Telesensor mit 12 Megapixeln (F2.1 / OIS) zusammen. Mit dem Tele-Sensor wird ein verlustfreier 2-fach Zoom ermöglicht. Zudem verfügt das Plus-Modell über einen ToF-Sensor, womit die Tiefendetails (Bokeh) genauer erfasst werden können.

Die Kamera hinterlässt bei mir mehr oder weniger den gleichen Eindruck wie beim Galaxy S10 vor einigen Monaten. Die Kamera ist dank den verschiedenen Sensoren vielfältig einsetzbar und hinterlässt nur wenige Schwächen. Doch wie schon beim Samsung Galaxy S10 fehlt mir bei der Kamera der sagenumwobene „Wow-Effekt“.

Die Kamera ist gut, ja sogar sehr gut, und seien wir ehrlich, bei guten Lichtverhältnissen schenken sich die aktuellen Highend-Smartphones kaum mehr was, aber mir fehlt das gewisse „Etwas“. Eben genau das, was das Galaxy Note 10+ von allen anderen aktuellen Flaggschiff-Smartphones abheben würde.

Ein herausragender Nachtmodus? Ein starker Zoom? Irgendetwas halt, was die Mitwerber nicht können oder noch nicht so gut können. Genau das fehlt mir.

Die Beispielfotos (inkl. Super-Slow-Motion-Aufnahme) gibt es direkt im Album bei Google Fotos.

Samsung Galaxy Note 10+

Die Geschwindigkeit stimmt – übertrumpft aber nicht

Das Samsung Galaxy Note 10+ ist mit dem vor wenigen Wochen vorgestellten Exynos 9825 SoC bestückt und bietet satte 12 GB RAM Arbeitsspeicher. Hinsichtlich der Performance des Systems gibt es nichts zu bemängeln. Einen Unterschied zwischen dem Galaxy Note 10+ und dem Galaxy S10 mit Exynos 9820 SoC kann ich nicht wahrnehmen.

Der interne Speicherplatz fällt mit 256 oder 512 GB (je nach Modell) sehr üppig aus. Natürlich setzt Samsung auf den schnellen UFS 3.0 Speicher, der extrem hohe Lese- und Schreibgeschwindigkeiten ermöglicht. Wem der interne Speicher noch nicht ausreicht, kann ihn nach Bedarf mittels einer microSD-Karte relativ preiswert erweitern.

Breit aufgestellt ist das Galaxy Note 10+ hinsichtlich Konnektivität. Das Android-Smartphone unterstützt WiFi 6 mit 2,4 udn 5 GHz, Bluetooth 5.0, USB Type C 3.1 und LTE mit theoretisch bis zu 2 Gbit/s. 5G-Support gibt es nur beim noch teureren Galaxy Note 10+ 5G. Für die Standortbestimmung steht das „klassische“ GPS sowie Galileo, Beidou und Glonass „zur Auswahl“. Gut, passiert im Grunde genommen alles ganz automatisch im Hintergrund ab.

Samsung Galaxy Note 10+

Die Sache mit dem fehlenden Schnellladegerät

Das Galaxy Note 10+ ist mit einem grossen 4300 mAh Akku bestückt. Damit komme ich gut über den Tag hinweg. Im Vergleich zum Huawei P30 Pro muss sich das Galaxy Note 10+ knapp geschlagen geben. Das P30 Pro erreicht unterm Strich die leicht besseren Laufzeiten mit einem minimal kleineren Akku, wobei dafür aber auch rigoros Hintergrundprozesse gekillt werden.

Mit bis zu 45 Watt lässt sich der verbaute Akku im Galaxy Note 10+ laden – vorausgesetzt, man hat das passende Netzteil dazu gekauft. Denn Samsung liefert leider nur ein 25W-Netzteil mit und nicht das 45W-Schnellladegerät. Wer das volle Potenzial beim Ladevorgang ausschöpfen möchte, muss nochmals knapp 55 Franken dafür aufwenden.

Dieses Vorgehen von Samsung stösst mir ehrlich gesagt „Sauer“ auf. Ich meine, wir sprechen hier von einem Smartphone mit einem Preisschild (UVP) von weit über 1000 Franken. Da sollte, nein da muss sogar das schnelle Ladegerät definitiv mit in den Karton. Schade Samsung, das hinterlässt einen faden Beigeschmack.

Alternativ lässt sich das Smartphone natürlich auch kabellos via Qi mit Strom versorgen. Diesmal unterstützt das Gerät mit der passenden Ladestation sogar bis zu 25 Watt – nicht schlecht. Das sogenannte Reverse Wireless Charging unterstützt das Gerät ebenso. Damit lässt sich ein anderes Qi-fähiges Gerät mit Strom vom Galaxy Note 10+ versorgen – beispielsweise die Galaxy Buds. Klappt gut, aber weiterhin langsam.

Samsung Galaxy Note 10+

Samsung Galaxy Note 10+: Das ist mir sonst noch aufgefallen

  • Gute Sprachqualität: Die Sprachqualität kann im Test überzeugen, sowohl bei guter als auch schlechter Empfangsleistung.
  • Stereo: Die Stereo-Lautsprecher sorgen für eine ausreichend guten Sound. Wer mehr möchte, sollte sich gute Bluetooth-Lautsprecher zulegen.
  • Gestensteuerung, ja aber..: Ein paar Worte zur Gestensteuerung. Samsung hat sich die Mühe gemacht eine eigene Gestensteuerung zu integrieren. Google’s “Stock-“Lösung unter Android 9 Pie, die auch nicht perfekt ist, kann nicht aktiviert werden. Mit aktivierter Gestensteuerung wird der Balken unten mit den Bedienelementen ausgeblendet, folgerichtig gibt es mehr Display. Es gibt bei Samsung drei Wischgesten, die sich jeweils von unten nach oben ausführen lassen. Nicht sehr “fortschrittlich”.
  • Fingerabdrucksensor: Der Fingerabdrucksensor ist direkt im Display verbaut, so wie es sich für ein aktuelles Flaggschiff-Smartphone gehört. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern, setzt Samsung auf die Ultraschall-Technologie. Die bietet gegenüber den weit verbreiteten optischen Sensoren mehr Sicherheit. Allerdings arbeitet sie generell auch etwas langsamer – leider.

Samsung Galaxy Note 10+

Das Fazit: Das Galaxy Note 10+ ist ein tolles Smartphone, ohne Wow-Effekt

Das Samsung Galaxy Note 10+ ist zweifelsohne ein tolles Smartphone geworden, ohne bei mir wirklich einen Wow-Effekt zu erzielen. Für meinen Geschmack hat sich Samsung in den letzten Jahre etwas zu sehr auf den Vorschusslorbeeren ausgeruht und glänzte kaum noch mit richtigen Innovationen bei den Flaggschiff-Smartphones.

Nicht falsch verstehen: Das Galaxy Note 10+ kann in jeder Disziplin mit den Mitbewerbern im Highend-Segment mithalten, aber in keiner Disziplin setzt es einen neuen Massstab. Da reicht das sehr gute und grosse Display nicht mehr aus. Andere Hersteller haben ähnlich gute und teils grössere Displays bei ihren Smartphones verbaut. Das grosse Display war eine Zeit lang ein Merkmal der Galaxy Note-Reihe.

Ein weiteres Merkmal, ja gar das Alleinstellungsmerkmal, ist der S Pen. Der hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, ist für mich aber definitiv kein Kaufargument. Wer also auf einen S Pen verzichten kann, der bekommt beispielsweise mit dem Galaxy S10+ für einen deutlich tieferen Preis die mehr oder weniger gleiche Leistung geboten.

Ich persönlich bin gespannt, wie Samsung im nächsten Jahr mit den beiden Flaggschiff-Serien fortfahren wird. Gerüchten zufolge denkt Samsung über eine Zusammenlegung der Galaxy S- und Galaxy Note-Serie unter dem neuen Namen Galaxy One nach. Beim Plus-Modell könnte dann beispielsweise der S Pen inkludiert sein. Dafür soll dann im Herbst die Galaxy Fold-Serie weitergeführt werden.

Bruno

Mag sich noch wer an das T-Mobile G1 erinnern? Tja, das war das allererste Android-Smartphone und ich hatte es damals importiert. Seither bin ich mit (kleinen) Unterbrüchen Android treu geblieben und schreibe mit grosser Leidenschaft darüber.

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